Modell der Bahnanlagen aus «Zeltlager»
Adrian Böhlen
Version 1.2 vom 20.12.2024
Einleitung
Wie im Forum im Sommer 2020 beschrieben, ist «Fünf Freunde im Zeltlager» (Five Go Off To Camp) einer meiner Favoriten und hat mich dazu inspiriert, das Tunnelportal, welches in der alten TV-Serie verwendet wurde, nachzubauen. Als Eisenbahnfan komme ich in dieser Erzählung voll und ganz auf meine Kosten und auch in der Verfilmung von 1977 wurde dem Thema Eisenbahn viel Raum gegeben. Mit ungewöhnlichen Mitteln haben es die Produzenten geschafft, die Bahn- und Tunnelszenen sehr realistisch umzusetzen, obwohl ein dazu geeignetes Gelände völlig fehlte und sich die finanziellen Mittel auch nicht eben üppig präsentierten. Details dazu sind sowohl auf der Fanpage zu finden, wie auch in der ausführlichen Beschreibung der Marchwood Military Railway.
Modellanlage
Für eine echte Modellbahnanlage mit Fahrbetrieb fehlt mir der Platz, aber im Laufe der Zeit ist eine kleine statische Anlage entstanden, die von Zeit zu Zeit erweitert wird. Da ich aus der Kindheit noch viel Gleismaterial der Lego-Eisenbahn verfügbar habe, hat sich deren Massstab für meine Modelle aufgedrängt. Ausgehend von der Normalspur von 1435 mm ergibt sich beim üblichen Schienenabstand von 6 Noppen eine Verkleinerung von 1:38, was keinem offizellen Modelleisenbahn-Massstab enstspricht (inoffiziell aber als «Spur L» bezeichnet wird ). Da ich sowieso alle Modelle selbst plane und von Grund auf baue, spielt das keine Rolle. Gegenüber klassischen Modelleisenbahnen der Spuren H0 (1:87) oder kleiner, lassen sich in diesem recht grossen Massstab viel mehr Details mit einfachen, handelsüblichen Materialien realisieren.
Die vorderhand letzte Ergänzung ist das eingangs erwähnte Tunnelportal, welches ich massstabsgetreu nach dem in der TV-Serie verwendeten Vorbild erbaut habe. Damit kann ich eine abzweigende Strecke sinnvoll integrieren und es wirkt dann je nach Blickwinkel, als führe sie wirklich in die Wand hinein.
Hintergründe und Planung des Tunnelportals
Wie in der Beschreibung der Marchwood Military Railway erläutert , stand die Tunnel-Attrappe bei der Bekohlungsanlage, welche sich gemäss der einleitenden Seite am Abzweig der Strecke zum Roberts Camp befand. Da sich die Gleisanlage in den letzten 40 Jahren nicht wesentlich verändert zu haben scheint, lässt sich diese Örtlichkeit heute noch relativ präzise lokalisieren, z.B. über OpenStreetMap . Leider waren mir bei meinem Besuch in Marchwood 2014 die Zusammenhänge zwischen der abzweigenden Bahnlinie und «Zeltlager» noch nicht bekannt, sonst hätte ich dieses Gelände sicher genauer unter die Lupe genommen.


Diese Aufnahme von vorne ( und ), die im Film natürlich nicht zu sehen ist, war meine wichtigste Grundlage für den Nachbau. Referenz für die Dimensionierung ist die bekannte Spurweite von 1435 mm. In der Realität war das eindrückliche Portal wohl knapp 8 m hoch, was im Modell rund 20 cm entspricht. Um die abbiegende Gleisstrecke, die dann an der Wand endet, gut zu verstecken, habe ich das Innere auf der Wandseite mit schwarzem Papier ausgekleidet, womit es so aussieht, als führen die Gleise wirklich ins Innere eines Berges.

Auch am Set musste getrickst werden, denn das Portal stand ja inmitten des weiten und völlig ebenen Gleisfeldes. Aus Platzgründen musste ich die rechte Stützmauer etwas verkürzen und natürlich ist sie nicht derart mit Grünzeugs überwuchert wie damals am Set, wo sich damit die angrenzende Umzäunung gut verbergen liess. Wie aus der Aufnahme ganz am Ende der Beschreibung der Marchwood Military Railway hervorgeht , ist die Ziegelsteinmauer nicht Teil der Tunnelattrappe, sondern gehört zur Bekohlungsanlage, was vermutlich für die sich davor befindende Treppe nicht gilt, die aus einem anderem Material zu bestehen scheint. Vermutlich wurde sie bewusst dort platziert, denn die Fünf Freunde machen dann mehrmals von ihr Gebrauch, und anders käme man ja nur umständlich auf die Mauer hinauf.
Gegenüberstellungen Film – Modell


So bekommt man im Film den Tunnel zum ersten Mal zu Gesicht, als ihn die Fünf Freunde auf ihrer ersten Erkundungstour entdecken. Dank dem Trick mit der bemalten Glasscheibe (beschrieben in und ) entsteht der Eindruck, als führe der Tunnel wirklich in einen Berg hinein. Meinen Tunnel habe ich so gebaut, dass das Portal bündig an der Wand anliegt. Zur Modellierung des Geländes habe ich zerbrochene Flaschenkorken benutzt, was sowohl als Bruchsteinmauer wie auch als brüchigen Fels interpretiert werden kann.


Beim ersten Augenschein wagen sich die Fünf Freunde noch nicht in den Tunnel hinein, wo sich die Gleise im Vorbild wie im Modell in der Dunkelheit zu verlieren scheinen.


Gleich der Buchvorlage steht im Film nach dem ersten Besuch beim Tunnel eine Erkundung der Rangieranlage an, wo alte Waggons herumstehen. Als Güterwagen habe ich in meinem Modell u.a. das originale Lego-Modell 166 platziert, welches 1978 erschienen ist, also in jenem Jahr wo «Fünf Freunde im Zeltlager» erstmals ausgestrahlt wurde. Die Minifigs, von denen diesem kleinen Set gleich deren zwei beilagen, erblickten ebenfalls 1978 das Licht der Welt.


In dieser Szene steuern die Fünf Freunde auf einen halb zerfallenen Personenwagen zu, der noch die ursprüngliche Bauform ohne Seitengang aufweist, weshalb jedes Abteil mit Türen ausgestattet sein musste. Obwohl schon 1892 die ersten Waggons mit Seitengang eingeführt wurden , blieb durch die Vorliebe der Engländer für Ruhe und Abgeschiedenheit das Coupésystem noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein erhalten .
Auf meiner Anlage steht stattdessen ein nach SBB-Plänen nachgebauter Einheitswagen I von 1958. Im Vergleich zu den originalen Lego-Modellen, werden im «echten» Massstab 1:38 erbaute Modelle ziemlich gross!


Bei ihrer nächtlichen Inspektion des Bahnareals erspähen die Fünf Freunde nur in der Hütte von Sam ein bescheidenes Licht, ansonsten liegt die Gleisanlage im Dunkeln, wie es auch im Film realistisch umgesetzt wurde. Trotz Dunkelheit erkennt man im Hintergrund links knapp einen Masten der Stromleitung, die noch heute quer über das Gelände des Marchwood Military Port verläuft.
Auf meiner Anlage befindet sich ein etwas grosszügiger beleuchtetes Bahnwärterhäuschen, das ich vor einigen Jahren geschenkt erhalten habe. Im Innern spendet eine LED-«Kerze» ausreichend Licht. Ein Flügelsignal kommt auf dem Gleisfeld im Film nicht vor, passt aber gut zu einer solchen Szenerie. Dieses einfach konstruierte und funktionstüchtige Lego-Element war in den 1970er Jahren bei mehreren Zug-Sets mit dabei, aber auch als Einzelteil erhältlich, so wie dieses Exemplar, welches mir als Kind geschenkt wurde. (Art-Nr. PS 57, PS 7 oder PS 1107) .


Einen Geisterzug kann ich nicht anbieten. Dafür sorgt der innen beleuchtete Personenwagen auch im Dunkeln für ein wenig Licht in der Umgebung. Der dafür notwenige Akku wird bei Bedarf tagsüber an der Sonne aufgeladen.


Für einen echten Bahnhof wie im Film (es ist jener von Marchwood) fehlt bei mir der Platz, weshalb ein simpler Bahnsteig genügen muss. Das Geländer verhindert, dass jemand die dem Massstab entsprechend 50 m hohe Wand hinunterfällt. Der Name des Haltepunktes Kilty Vale ist nicht vorbildgerecht, passt aber zur Erzählung.


Ein wichtiges Detail ist die bereits erwähnte Treppe, welche auf die eine Begrenzungsmauer hochführt und im Film oft benutzt wird, wie hier gleich von George. Gut zu sehen sind aus dieser Optik die speziellen Betonschwellen, die gemäss der Beschreibung der Marchwood Military Railway typisch sind für eine militärische Eisenbahn. Bei mir müssen «normale» Lego-Schwellen, d.h. weisse 2×8 Noppen-Platten genügen. Zwecks Befestigung der Gleise auf der Grundplatte dient ferner eine Lego Technik-Lochplatte mit 2×8 Noppen als Schwelle, womit gleichzeitig eine gewisse Ähnlichkeit mit den «militärischen Schwellen» des Originals erzielt wird. Gleich den ersten Eisenbahnschienen aus der Zeit von 1790 – 1800 wurden die früheren Lego-Einzelschienen nur an den Enden mit Schwellen verbunden, was deren etwas grossen Abstand erklärt.


Ein Blick aus dem Innern des Tunnels, wo in dieser Filmszene anschliessend die erste Durchquerung zu Fuss ansteht.


Für den Tunnelausgang auf der anderen Seite wurde dasselbe Portal verwendet, bei etwas anders platzierter Kamera. Auch bei mir gibt es natürlich nur ein Portal.


Dieses Bild entstand ausserhalb der Dreharbeiten und taucht in verschiedenen Büchern auf, z.B. im T.V. Special von 1978 . Hier ist die verwendete Lokomotive, die Army No. 92 ‘WAGGONER’ für einmal bei Tageslicht zu sehen, während sie im Film ja nur in den Nachtszenen, bzw. im Tunnel vorkommt. Sie spielte auf der Marchwood Military Railway eine wichtige Rolle, wie aus der Beschreibung hervorgeht. Lokomotiven dieses Typs wurden zwischen den 1940er und 1960er Jahren hergestellt, sind also vergleichsweise junge Dampfloks. Jene, die sich Enid Blyton vorgestellt hat, war hingegen weitaus älter, denn da steht geschrieben: It looked very, very old and out-of-date. It was smaller than the trains she [George] was used to—the engine was smaller and so were the trucks. The funnel was longer and the wheels were different from those of ordinary trains. Enid Blyton stellte sich wohl eine frühe Dampflok vor und zu dieser Beschreibung passt meine Lego-Modell-Lokomtive vermutlich ziemlich gut. Es handelt sich um eine Eigenkonstruktion von 1992, basierend auf der «Lafayette» des Herstellers Norris aus den 1830er Jahren. Ähnliche 3-achsige Dampflokomotiven mit offenem Führerstand und langem Schlot wurden auch in England während dieser Zeit gebaut und waren teils jahrzehntelang im Einsatz.
Anhang: Weitere Aufnahmen der Modellanlage







Grundlagen
Abbildungsverzeichnis
Enid Blyton: Fünf Freunde – Die original 70er Jahre TV-Serie.
2010 moviemax GmbH movies & more, München
eigene Aufnahmen von 2021, 2022 und 2024